Ich gerate unweigerlich ins Schwärmen, wenn ich über meinen Lieblingssänger Johan F. Kirsten plauder oder schreibe, obwohl ich in der Vergangenheit pubertäres, groupieähnliches Verhalten bei mir nicht beobachten konnte.
Was unterscheidet diesen Opernsänger also von den anderen, macht ihn für mich einzigartig, unwiderstehlich, macht jeden Opernbesuch zu einem Erlebnis?
Warum pilger ich jedes Jahr nach Würzburg um ihn erleben zu dürfen, obwohl unser Dortmunder Opernhaus, objektiv betrachtet, doch einiges mehr zu bieten hat, als das Mainfranken Theater in Würzburg?
Neben der Stimmgewalt, der schönen Klangfarbe seines Bass-Bariton und der außergewöhnlichen Fähigkeit seinen Figuren wahres Leben einzuhauchen (jedesmal eine Art Offenbahrung für mich), hat dieser wandlungsfähige Sänger etwas, das man bei vielen anderen oft vermißt - Leidenschaft und Seele!
Passion für einen Beruf, der für Herrn Kirsten Berufung bedeutet.
Selbst in den, vom Publikum oft als unpopulär, weil negativ angelegten Rollen, wie dem schaurig-schönen Zauberer Klingsor im Parsifal, vermag er, durch seine Art des Spiels, der gelebten Authentizität der Rolle die einen in den Bann zieht, ob man will oder nicht, zu entzücken.
Begeisterte als Don Magnifico in La Cenerentola, obwohl eine mehr als zwielichtige, charakterlich bedenkliche Figur verkörpernd, das Publikum so sehr, das am Ende Rosen auf den Star des Abends niederregneten, zu Recht!
Im Würzburger Wildschütz, der fantastisch inszeniert ist und mir wie eine Reise auf den Schwingen eines Schmetterlings vorkam, musikalisch so leicht und heiter, jedoch nicht ohne gesellschaftliche Seitenhiebe, begeistert er als Lehrer Baculus. Loriotresk und teilweise tragisch komisch ist er omnipräsent und drückt dieser musikalischen Komödie, die mit den Grundelementen des Theaters spielt, Verkleidung, Verwechslung, Verstellung, seinen schönen Stempel auf. Ich möchte nie wieder einen anderen Baculus sehen, denn besser geht es weiß Gott nicht mehr, dessen bin ich mir sicher.
Was also ist das Geheimnis?
Da brennt eine Flamme in seinem Herzen, die den sensiblen Zuhörer elektrisieren läßt, anbetend und voller Ehrfurcht vor dieser beseelten Passion lausche ich dem Wohlklang dieser Stimme und lasse mich verführen.
Es wird dieses Quentchen mehr an Leidenschaft sein, was einen sehr guten von einem außergewöhnlichen Sänger unterscheidet. Nur mit aufrichtiger und tief empfundener Liebe zu seiner Berufung, kann man diese schwierige Aufgabe vollbringen, kann man Hüter einer "Großen Stimme" sein, die den Menschen Freude über Freude schenkt.
Herr Johan F. Kirsten als Sebastian Baculus und Gattin
Lehrer Baculus (J.F.Kirsten) und Gretchen (Anja Gutgesell)
Baculus und Pancratius (Herbert Brand)
Herrlich loriotresk!
Die 5000 Taler Arie
Baculus und Gräfin Eberbach (Barbara Schöller)
J.F.Kirsten, Anja Gutgesell und Joshua Whitener als Baron Kronthal
Applaus und Rosen, wohlverdienter Lohn!
Ich fühle mich privilegiert und geehrt dieser Stimme lauschen zu dürfen und werde mit Vergnügen und großer Freude seiner Spur folgen - auch wenn sie mich nach Novosibirsk führen sollte.
Bilder Mainfranken Theater Würzburg und Privat, Aufführung der Oper "Der Wildschütz" von Albert Lortzing am 12.04.2012